Behindertenbeauftragter fordert mehr barrierefreie öffentliche Toiletten

Joachim Leibiger: "Aktionspläne aufstellen, Fördermittel bereitstellen und Landesfachstelle für Barrierefreiheit gründen!"

Der Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen, Joachim Leibiger, hat heute im Zusammenhang mit dem Welttoilettentag darauf hingewiesen, dass es in vielen Städten zu wenige öffentlich zugängliche barrierefreie Toiletten gebe. Das schränke viele Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Lebensalltag ein, etwa beim Einkaufen in Innenstädten.

Der Beauftragte äußerte sich wie folgt:

„Beim Thema Toiletten geht es um nicht weniger als die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am alltäglichen Leben. Doch die Suche nach einem barrierefreien WC kann nicht nur für Menschen mit Behinderungen und Ihre Betreuungspersonen zum großen Problem werden, auch Senioren und von Inkontinenz betroffene ältere Menschen suchen oft vergeblich nach dem rettenden Örtchen. Damit sich alle frei und unbeschwert im Stadtraum bewegen und teilhaben können, brauchen wir in einer inklusiven Gesellschaft mehr barrierefreie Sanitärangebote. Das ist für mich eine Maßnahme der Daseinsvorsorge.“

Der Landesbeauftragte äußerte zudem den Wunsch, künftig auch die Belange von Menschen mit Mehrfachbehinderungen stärker bei der Toilettenplanung zu berücksichtigen. Gerade Menschen mit komplexen Behinderungen müssten in Deutschland oftmals unhygienische und gesundheitsschädliche Situationen in Kauf nehmen, wenn zum Beispiel das Wechseln von Inkontinenzeinlagen mangels Alternative auf den Böden öffentlicher Toilettenanlagen oder Parkbänken stattfinden muss. Allerdings fehle es in Deutschland bislang an diesbezüglichen technischen Standards.

„Ich rufe die Thüringer Kommunen auf, im Rahmen von Aktionsplänen für die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen Standorte für barrierefreie Toiletten festzulegen. Dabei sollten auch die Bedarfe von Menschen mit komplexen Behinderungen zumindest bei einem Teil der Anlagen mitgedacht werden. Zudem erwarte ich von der Landespolitik die Auflegung eines Investitionsprogramms für Barrierefreiheit, das auch Toilettenanlagen einschließt. Aktuell kommt es darauf an, dass der Thüringer Landtag das im vergangenen Jahr beschlossene Inklusionsgesetz so erweitert, dass es zukünftig eine handlungsfähige Landesfachstelle für Barrierefreiheit gibt. Diese wird die Normsetzung auf Landes- und Bundesebene begleiten, Netzwerke aufbauen, Beratung und Schulung durchführen und bei konkreten Projekten fachlich unterstützen. Ein entsprechender Gesetzentwurf liegt dem Landtag vor. Ich rufe die Fraktionen des Thüringer Landtags dazu auf, diesen bis Jahresende zu beschließen und entsprechende Haushaltsmittel für das Jahr 2021 bereitzustellen.“ fasste Leibiger seine Erwartungen zusammen.

Hintergrund:

Am 19. November 2020 findet der alljährliche Welttoilettentag statt, um global auf das Fehlen ausreichend hygienischer Sanitäreinrichtungen und die damit verbundenen gesundheitlichen Folgen aufmerksam zu machen. Ein gut ausgebautes Netzwerk von barrierefreien öffentlichen Toiletten fehlt bislang. Der Thüringer Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen hat bereits vor Jahren gemeinsam mit dem Institut Verkehr und Raum der Fachhochschule Erfurt eine Checkliste samt Leitfaden barrierefrei auf seiner Internetseite veröffentlicht, um Mindeststandards für barrierefreie Toilettenanlagen im öffentlichen Raum zu definieren. Dieses Angebot kann jede Kommune und jedes Planungsbüro kostenfrei nutzen.

Der vom Landesbeauftragten erwähnte Gesetzentwurf findet sich in der Parlamentsdokumentation des Thüringer Landtags.

Markus Lorenz
Stellvertreter und Pressesprecher