10-Punkte-Papier: Forderungen aus dem Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen (TLMB)

  • Kabinettausschuss für Barrierefreiheit

Das Kabinett soll einen Kabinettsausschuss der Staatssekretärinnen/Staatssekretäre für Barrierefreiheit mit festem Sitz des Landesbeauftragten einrichten. Das Querschnittsthema Barrierefreiheit erhält somit die nötige Relevanz. Vorbild kann der bayrische Kabinettsausschuss „Bayern barrierefrei“ (Link: barrierefrei.bayern.de/magazin/kabinettsausschuss-bayern-barrierefrei.php#sec5) sein. In den Ressorts sind Koordinatoren für Barrierefreiheit zu benennen.

  • Barrierefreie Information durch Regierung und Parlament: 

Für die Plenarsitzungen und die Regierungsmedienkonferenz sollen von Anfang an die Grundsätze der barrierefreien Veranstaltungsplanung und Kommunikation gelten; dies beginnt bei einer digital-lesbaren Tagesordnung, umfasst die Untertitelung oder   den Einsatz von Gebärdensprachdolmetschenden und führt im Ergebnis zu barrierefreien Dokumentationen, an denen alle teilhaben können. 

  • Thüringer Barrierefreiheitsförderprogramm stärken: 

Der TLMB stemmt als einziger Landesbeauftragter für Menschen mit Behinderungen ein Förderprogramm in Millionenhöhe. Das seit 2022 eingeführte Programm erfreut sich großer Nachfrage und muss deshalb regelmäßig wenige Wochen nach Programmstart schließen. Um der großen Inanspruchnahme zu begegnen, ist eine Steigerung der Mittel um 50 % auf 3 Mio. € angemessen. Gleichzeitig soll das Programm zur Effizienzsteigerung in der Ausführung von der TAB in die Zuständigkeit des TLMB wechseln. Eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung in 2023 ergab hier ein Einsparpotential von knapp 10 %. Weiter resultieren daraus Effizienzgewinne und ein schnelleres Bearbeitungsverfahren, weil die gesamte Bearbeitung der Anträge fachlich und formal unter einem Dach erledigt werden kann. Dazu müssen zukünftig das Personal der Landesfachstelle für Barrierefreiheit und das notwendige Verwaltungspersonal dem TLMB zur Verfügung gestellt werden. 

Anmerkung: in anderen Bundesländern verfügen die Beauftragten über deutlich mehr Personal und Augenmerk darauf (obwohl kein Landesinvestitionsprogramm) 

  • Beauftragte für digitale Barrierefreiheit: 

In den Ressorts sollen Beauftrage für digitale Barrierefreiheit eingesetzt werden. Sie werden durch den TLMB geschult und koordiniert und so befähigt, in ihrem Ressort Mitarbeitende zu schulen und zu beraten. (Anmerkung: Bspw. ist in Hessen eine eigene Landesbeauftragte für digitale Barrierefreiheit eingesetzt) So werden die Ressorts im Sinne ihrer gesetzlichen Verpflichtung direkt ausgestattet, um bspw. Dokumente und ihre Internetpräsenz barrierefrei zu gestalten.

  • Ausstattung des TLMB: 

Nach § 18 des Thüringer Gesetzes für Inklusion und Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen sind dem Beauftragten die für die Aufgabenerfüllung angemessene Personal- und Sachausstattung zur Verfügung zu stellen. In diesem Sinn soll den Haushaltsanmeldungen des TLMB gefolgt werden. 

  • Rederecht des Beauftragten im Landtag: 

Bisher hat der Beauftragte im Plenum und den Ausschüssen kein Rederecht und kann seine Anliegen nur sehr begrenzt dort vorbringen. Auch die Teilnahme an nicht-öffentlichen Sitzungen oder Ausschüssen ist eingeschränkt. Die Geschäftsordnung des Landtags soll dahingehend geändert werden und Rederecht und Sitzungsteilnahme bis auf wenige Einschränkungen ermöglichen. 

  • Kommunale Beauftragte für Menschen mit Behinderungen im Hauptamt: 

Im ThürGIG ist zu verankern, dass die Landkreise und kreisfreien Städte mindestens einen hauptamtlichen kommunalen Beauftragten in Vollzeit (eine ganze Stelle) berufen. Die teils noch vorhandenen ehrenamtlichen Strukturen sind nicht mehr in der Lage, das komplexe Aufgabespektrum (vgl. § 22 Absatz 4 ThürGIG) aufzufangen. 

  • Übergang zwischen Werkstatt und Inklusionsbetrieb stärken:

Die Wechselbeziehungen zwischen Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und Inklusionsbetrieben sollen gestärkt werden. Die individuellen Übergänge sind zu vereinfachen. Ein Pilotprojekt, wie in Baden-Württemberg durchgeführt (Link: umsetzungsbegleitung-bthg.de/service/aktuelles/kvjs-baden-wuerttemberg-konversionsprojekt/), bietet hierfür Orientierung. 

  • Barrierefreies Wählen ermöglichen: 

Bei den Kommunalwahlen ist ein Wechsel des Wahllokals bei nicht gegebener Barrierefreiheit bisher nicht möglich. Dann bleibt nur die Briefwahl als Ausweg.  Dies muss zukünftig, wie bei Landtagswahlen, möglich sein und eine Gesetzesänderung dazu erfolgen. Der Wahl-O-Mat muss in leichter oder zumindest einfacher Sprache verfügbar sein.

  • UN-BRK in die Thüringer Verfassung: 

Die aktuelle Verfassungsänderung passte zwar die Bezeichnung von Menschen mit Behinderungen zeitgemäß an, enthielt allerdings leider kein Bekenntnis zur UN-BRK. Dieses ist erforderlich, um den Rechten der Menschen mit Behinderungen angemessen Geltung und Aufmerksamkeit zu verschaffen. Die UN-BRK ist in die Thüringer Verfassung aufzunehmen. 

(Einstimmig beschlossen durch den Landesbehindertenbeirat (LBB) am 19.09.2024 im Umlaufbeschlussverfahren)