Nachgefragt bei BUGA-Geschäftsführerin Kathrin Weiß
Interview zum Thema Barrierefreiheit
TLMB: Wie wird die Barrierefreiheit auf dem weitläufigen BUGA-Gelände umgesetzt? Können auch Rollstuhlfahrer oder blinde Menschen alle Hauptattraktionen besuchen und am Großerlebnis BUGA teilhaben?
Kathrin Weiß: Die BUGA in Erfurt ist nahezu 100 Prozent für alle zugänglich. Die Wege und Ausstellungsflächen sind barrierefrei oder barrierereduziert. Das war uns im Planungsprozess besonders wichtig. Auf dem Petersberg hat die Landeshauptstadt Erfurt das Vorhaben "Petersberg für alle" umgesetzt und den barrierefreien Zugang auf das Plateau und das Gartenschaugelände durch die Neugestaltung des Panoramaweges und den Bau des Fahrstuhls ermöglicht. Auf Grund der Topografie beider denkmalgeschützter Ausstellungsflächen ist Barrierefreiheit nicht vollständig umsetzbar. Der Petersberg ist eine alte Festung und damit nicht komplett stufenlos, im egapark sind geologisch bedingt nicht alle Bereiche barrierefrei nach dem heutigen Stand der Technik abbildbar. Bereits heute ist der egapark mit dem Qualtäts- und Komfortsiegel für barrrierefreies Reisen "Reisen für alle" ausgezeichnet.
Unsere neuen Angebote wie das Danakil Wüsten und Urwaldhaus sind für alle Besucher in allen Bereichen zugänglich. Mobilitätseingeschränkte Besucher können sich bereits vor ihrem BUGA-Besuch informieren, welche Bereiche für sie besonders geeignet sind und wo die Hilfe einer weiteren Person benötigt wird.
Dafür bieten wir einen Freiwilligendienst an. Unsere Helfer unterstützen gern beim Besuch der Flächen. In den Gebäuden sind entsprechende Wegeleitsysteme für Sehbehinderte angebracht, die Wege im Außengelände sind als natürliche Leitsysteme gut wahrnehmbar und ohne Stolperkanten gebaut. Auf beiden Geländeteilen gibt es barrierefreie WCs mit je einer Toilette für alle.
Wenn es die aktuelle Corona-Situation erlaubt, bieten wir Führungen für Menschen mit Behinderungen über die Erfurter Tourismus- und Marketinggesellschaft an.
TLMB: Wird es eine barrierefreie Beförderung von Rollstuhlfahrern mit der EGA-Bahn geben?
Kathrin Weiß: Ab August 2021 wird es eine elektrisch betriebene Bahn im egapark geben, in der bis zu vier Rollstühle transportiert werden können.
TLMB: Wie wird über die Barrierefreiheit der Angebote informiert? Sind die digitalen Angebote, insbesondere die Internetseite der BUGA, barrierefrei?
Kathrin Weiß: Über die barrierefreien Angebote informieren unser Besucherservice und die Besucherhotline. Auf unserer Internetseite sind die wichtigsten Informationen auch in „Leichter Sprache“ zugänglich. Es gibt dort auch einen Erklärfilm zur BUGA in Gebärdensprache und demnächst einen Plan für beide Gelände mit einer genauen Kennzeichnung aller Wege hinsichtlich Barrierefreiheit, Steigung, Treppen, damit Mobilitätseingeschränkte ihren Besuch noch besser planen können.
Auf beiden Ausstellungsflächen sind ehrenamtliche Helfer unterwegs, die für Fragen der Besucher auf dem Gelände und für spontane Unterstützung zur Verfügung stehen. Gern können sich mobilitätseingeschränkte Besucher auch vor ihrem Besuch anmelden. Wir halten auf beiden Flächen Mobilitätshilfen zum Ausleihen bereit, die man vorab reservieren kann.
TLMB: Wie ist es Ihrem Team im Planungsprozess gelungen, das gesetzte Leitthema „Inklusion und Barrierefreiheit“ immer wieder zu berücksichtigen? Haben Sie Betroffene oder Fachleute zu Rate gezogen?
Kathrin Weiß: Das Leitthema „Inklusion und Barrierefreiheit“ wurde bei allen baulichen Neugestaltungen schon im Planungsprozess berücksichtigt. Alle Planungen wurden mit der Koordinierungsstelle Barrierefreiheit beim Beauftragten der Thüringer Landesregierung für Menschen mit Behinderungen abgestimmt, Hinweise und Anregungen aufgenommen und in konkrete bauliche Maßnahmen umgesetzt. Wir haben regelmäßig Begehungen auch mit Vertretern der Behindertenverbände durchgeführt und die Erfahrungen anderer Gartenschauen in den Planungsprozess aufgenommen.
Wie wichtig dieses Thema für die BUGA ist, zeigt auch die Tatsache, dass Menschen mit Behinderungen bei uns nicht nur als Besucher willkommen sind, sondern im Geländeservice, im GaLa-Bau oder im Bereich Hausmeisterdienste arbeiten. Zwei Gastronomiestandorte sind Inklusionsbetriebe.
TLMB: Gibt es Ihrer Meinung ein besonders gelungenes Beispiel für die bauliche Barrierefreiheit auf dem Gartenschaugelände?
Kathrin Weiß: Das neue Wüsten- und Urwaldhaus DANAKIL ist ein komplett barrierefreies Haus, das gleichermaßen von mobilitätseingeschränkten Gästen wie von Gästen mit Hör- oder Seheinschränkungen erlebt werden kann. Darauf sind wir sehr stolz und freuen uns auf das Feedback der Nutzer, wenn wir das Haus öffnen dürfen. Auch das Vorhaben Petersberg für alle ist ein großer Schritt in die richtige Richtung.
TLMB: Wo sehen Sie noch Verbesserungsbedarf und wie könnte der Thüringer Landesbeauftragte dabei unterstützen (z. B. interaktives Leitsystem)?
Kathrin Weiß: Die BUGA Erfurt ist ein temporäres, 171 Tage dauerndes Ereignis. Aus unserer Sicht haben wir das Mögliche umgesetzt. Auch für die Daueranlagen im egapark und auf dem Petersberg wurde bereits vieles barrierefrei neu- bzw. umgebaut. Während der Gartenschau wird sich zeigen, wo noch Verbesserungsbedarf besteht. Für den Petersberg und den egapark nach der BUGA ist die Implementierung eines interaktiven Leitsystems sicher eine sinnvolle Überlegung.
TLMB: Vielen Dank.