Berichte aus den Regionen
An dieser Stelle berichten kommunale Beauftragte in regelmäßigen Abständen von ihrer Arbeit vor Ort. Den Anfang macht Daniela Mückenheim aus dem Ilm-Kreis mit einem erfolgreich gelösten Bürgeranliegen:
Übernahme von Mietkosten bei Wohnungsumzug gem. KdU-Richtlinie durch das Jobcenter abgelehnt (GdB=80, keine Merkzeichen)
Dauer des zu lösenden Falls: April 2020-März 2021
Als Beauftragte für Ausländer und Behinderte des Ilm-Kreises wurde mir durch das Büro des Landesbehindertenbeauftragten im Januar 2021 die Bitte um Klärung eines komplexen, seit April 2020 ungelösten Einzelfalls aus Arnstadt herangetragen. Es ging um die zunächst erfolgte Ablehnung der Übernahme von Mietkosten einer erwachsenen, schwerbehinderten Bürgerin durch das Jobcenter Ilm-Kreis infolge eines Umzugs in eine barrierefreie Wohnung gemäß KdU-Richtlinie. Die aufgrund eines bipolaren, suizidalen Krankheitsbildes sowie einer Wirbelsäulenerkrankung schwerbehinderte Bürgerin, die Leistungen nach dem SGB II bezieht, stellte Anfang 2020 beim örtlichen Jobcenter einen Antrag auf Umzug aus einer 32qm Wohnung in der 3. Etage in eine barrierefreie 48qm Wohnung, mit dem Begehren auf Mietkostenübernahme gem. SGB II.
Dieser wurde nicht aufgrund der Größe der Wohnung abgelehnt, sondern aufgrund der sehr deutlichen Überschreitung der Mietkosten (KdU). Auch ein Widerspruch brachte nicht den ersehnten Erfolg, denn aufgrund der fehlenden Merkzeichen G oder aG sowie fehlender ärztlicher Anordnungen für eine Gehhilfe oder einen Rollstuhl konnte von keinem erhöhten behinderungsbedingten Wohnflächenbedarf mit Barrierefreiheit ausgegangen werden. Die Klientin war währenddessen allerdings bereits in die neue Wohnung verzogen, weshalb ihr nur die Kosten gem. KdU-Richtlinie und nicht die volle Mietsumme erstattet wurde und sie somit zunehmend in finanzielle Not geriet.
Daraufhin kontaktierte ich die Inklusionsbeauftragte des Jobcenters und bat um Stellungnahme inklusive erneuter Prüfung. Diese teilte mir ergänzend folgendes mit:
Gemäß der KdU-Richtlinie sind bei einem erhöhten Wohnbedarf alle denkbaren Umstände abzuwägen, die einen erhöhten Wohnflächenbedarf verursachen, sodass in Anwendung ein höherer Angemessenheitswert anzunehmen ist. Einen besonderen Bedarf für die Unterkunft haben Personen, die wegen einer Behinderung (§ 2 Abs. 1 SGB IX) einen erhöhten Raumbedarf haben. Das kann unter anderem der Fall sein, wenn mit Schwerbehindertenausweis das Merkzeichen aG oder die ärztliche Verordnung eines Rollstuhls bzw. Rollators nachgewiesen wird. Behinderungsbedingt werden in dieser Konstellation als erhöhten Raumbedarf zu den angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft bis zu 15 qm zusätzlich sowie ein höherer Mietspiegel anerkannt.
Nach Einsicht in die Akten war die gültige Schwerbehinderungsfeststellung auf Mai 2006 datiert, woraus keinerlei Merkzeichen resultierten, die diesen Ermessensspielraum nach sich zogen. Der Bürgerin wurde daraufhin geraten eine Neufeststellung der Schwerbehinderung zu beantragen oder aufgrund der Verschlechterung der Gesundheit ärztliche Verordnungen (Gutachten Facharzt, Allgemeinmediziner) einzureichen, aus der die Einschränkungen bezüglich einer erheblichen Gehbeeinträchtigung ersichtlich werden, womit dann das Jobcenter in Arnstadt neu prüfen, abwägen und entscheiden könnte. Nur bei Vorliegen einer erheblichen Gehbeeinträchtigung bzw. entsprechender Merkzeichen kann im Einzelfall über eine Abweichung in Bezug auf Barrierefreiheit und KdU-Rahmen beraten werden.
Nach einem monatelangen, aussichtslos erscheinenden Weg gab ich der Klientin abschließend den Ratschlag sich nochmals telefonisch mit der Inklusionsbeauftragten des Jobcenters in Verbindung zu setzen und nach Möglichkeit aussagekräftigte Gutachten bezüglich des Begehrens durch behandelnde Ärzte nachzureichen. Einen Monat später bekam ich durch den Vater (gesetzlicher Betreuer) und das Jobcenter die erfreuliche Rückmeldung, dass mit umfangreichen neuen Gutachten dem Begehren rückwirkend ab Umzug stattgegeben wurde und die Klientin die vollumfänglichen Leistungen doch noch erhalten hatte.
Summa Summarum: Es lohnt sich zu kämpfen und dran zu bleiben!
Arnstadt, 5. Mai 2021
Es berichtete Daniela Mückenheim, Beauftragte für Ausländer und Behinderte des Ilm-Kreises.